Mit Artec Space Spider den Evolutionspfad des ausgestorbenen Thylacins erkunden
Herausforderung: Als zwei Forscher ein ehrgeiziges Projekt über den inzwischen ausgestorbenen Beutelwolf in Angriff nahmen, benötigten sie für die genaue Durchführung ihrer Analysen eine einfache und kontaktlose Methode, um die Schädel von Hunderten von Tieren aus Dutzenden von verschiedenen Arten digital in 3D im Submillimeterbereich zu erfassen.
Lösung: Artec Space Spider, Artec Studio, Geomagic Studio
Ergebnisse: Mit dem leichtgewichtigen Artec Space Spider besuchten die Forscher Museumssammlungen auf der ganzen Welt und scannten in nur wenigen Minuten pro Exemplar insgesamt 223 Schädel von 57 Arten, und zwar ohne jegliche Berührung oder Beschädigung. Dies ermöglichte den Forschern die Durchführung ihrer innovativen Studie, in welcher die einzigartige Evolutionsgeschichte des Beutelwolfs anschaulich illustriert wurde.
Männliche und weibliche Beutelwölfe im National Zoo, Washington, D.C., von E.J.K. Baker, ca. 1904. Dieses Bild ist gemeinfrei. Koloriert von D.S. Rovinsky.
Obwohl er aufgrund seiner auffälligen körperlichen Ähnlichkeit als tasmanischer „Wolf“ bezeichnet wird, war der Beutelwolf gar keiner. Seine Ähnlichkeit mit der bekannten Spezies ist jedoch so groß, dass sowohl Wissenschaftler als auch die Öffentlichkeit davon ausgingen, dass er sich einem Wolf ähnelnd entwickelt haben muss.
Ein Team von Evolutionsbiologen war jedoch anderer Meinung und umrundete die ganze Welt, um die evolutionäre Wahrheit über dieses Wesen herauszufinden.
Die Forscher Dr. Douglass Rovinsky und Dr. Justin W. Adams von der Monash University besuchten Museen und Universitätssammlungen weltweit, um Hunderte von Exemplaren verschiedener Arten mittels der handgeführten Scanner von Artec 3D digital zu erfassen. Die vielen Abbildungen wurden für die umfassendste jemals durchgeführte Studie ihrer Art benötigt – eine Studie, mit der genau geprüft werden sollte, ob der Thylacine tatsächlich evolutionär mit dem Wolf verwandt ist.
Konvergente Evolution
In der Biologie bezeichnet konvergente Evolution den Prozess, bei dem nicht verwandte Organismen ohne einen gemeinsamen Vorfahren in jüngerer Zeit unabhängig voneinander ähnliche Merkmale entwickeln, nachdem sie sich an ähnliche Umgebungen oder ökologische Bedingungen anpassen mussten.
Anders ausgedrückt: Wenn zwei verschiedene Arten konvergent sind, können sie genetisch verwandt erscheinen, obwohl sie es in Wirklichkeit nicht sind.
Beispiele für konvergente Arten:
Schildkröten und Schnecken: Beide entwickelten harte Panzer, um sich vor Fressfeinden zu schützen. Doch während Schildkröten zu den Reptilien (wie Eidechsen und Schlangen) gehören, sind Schnecken Weichtiere (wie Schiffsbohrwürmer, Muscheln und Tintenfische).
Tintenfische und Kakadus: Während der eine schwimmt und der andere fliegt, entwickelten beide unabhängig voneinander harte Schnäbel, mit denen sie ihre Beute zerreißen können – sei es ein Tintenfisch, der sich an einer Tiefseekrabbe labt, oder ein Kakadu, der eine Erdnuss oder ein sich langsam bewegendes Insekt verschlingt.
Im Fall des Beutelwolfs nahmen die meisten Forscher mehr als ein Jahrhundert lang an, die hundeähnliche Körperform deute auf eine ökologische Ähnlichkeit mit dem Wolf hin. Besonders, weil der Beutelwolf anderen Gruppen von Beuteltieren, die gerade entdeckt und beschrieben wurden, nicht ähnelte.
Zahlreiche Studien gingen seither von genau dieser Annahme aus, sodass nur wenige Wissenschaftler jemals die Tatsache hinterfragten, dass Beutelwölfe im Grunde nur Wölfe mit Beuteltaschen waren.
Von der Körpermasse zur Konvergenz
Angesichts der weit verbreiteten Annahmen über diese bemerkenswerte Kreatur, die vor fast einem Jahrhundert ausstarb, machten sich Rovinsky und Adams daran, methodisch ein genaues und weitaus umfassenderes Verständnis des Beutelwolfs und seiner inzwischen ausgestorbenen Lebensweise zu entwickeln.
Adams erklärte: „Leider hat niemand zu Lebzeiten des Beutelwolfs grundlegende naturkundliche Daten über das Tier gesammelt, sprich Informationen über dessen Körpermaße, Ernährungsgewohnheiten, Raubstrategien, Fortbewegungsgewohnheiten und Lebensraumpräferenzen. Ohne diese Details ist es unmöglich, auch nur ansatzweise zu verstehen, was für eine Art von Lebewesen der Beutelwolf wirklich war.“
Der Forscher Douglass S. Rovinsky scannt den Schädel eines Beutelwolfs mit Space Spider und der Software Artec Studio.
Aufbauend auf ihrer früheren Studie, in der sie ein deutlich anderes durchschnittliches Körpergewicht des Beutelwolfs feststellten als in anderen Forschungsstudien angenommen oder verwendet worden war, haben Rovinsky und Adams in ihrer neuesten Arbeit die Ähnlichkeitsmuster zwischen dem Beutelwolf und anderen Arten in drei verschiedenen Bereichen – Schädelform, Ernährung und relative Beutegröße – eingehend untersucht und analysiert.
Unter Berücksichtigung aller Aspekte macht die vorliegende Studie deutlich, dass es keine Grundlage dafür gibt, die Schädelform des Beutelwolfs als konvergent mit Wölfen zu interpretieren. Weiterhin zeigt der Beutelwolf als solcher keine ähnlichen Ernährungsgewohnheiten oder eine ähnliche Ernährungsökologie.
Stattdessen stellten Rovinsky und Adams fest, dass der Beutelwolf eine Konvergenz mit einer Reihe von Kaniden aufwies, darunter afrikanische Schakale (Lupulella adusta, Lupulella mesomelas) sowie bestimmte südamerikanische Füchse, darunter der Pampasfuchs (Lycalopex gymnocercus) und der Mähnenwolf (Chrysocyon brachyurus).
3D-Scannen zur Erfassung von Schädeldaten
Überlagerungen von Schädeln: Die durchschnittliche Schädelform des Grauwolfs (blau), des Beutelwolfs (rosa) und der signifikant konvergenten Gruppe von Kaniden (grün) werden in der Software Artec Studio übereinandergelegt, sodass die Unterschiede der Formen sichtbar werden. Die konvergente Gruppenform ist die durchschnittliche Schädelform von vier verschiedenen Kaniden-Arten: dem Mähnenwolf, dem Schabracken- und dem Streifenschakal sowie dem Pampasfuchs.
Um die Schädelformen dieser seltenen, kürzlich ausgestorbenen Art, von der die meisten Exemplare in Sammlungen mit begrenztem und kontrolliertem Zugang aufbewahrt werden, genau zu vermessen und zu untersuchen, war eine kontaktlose Methode zur Erfassung von Daten bis in den Submillimeterbereich erforderlich.
Rovinsky: „Wenn wir in einem Museum Zugang zu einem bestimmten Exemplar erhalten, möchte der Kurator auf keinen Fall Kratzer oder andere Beschädigungen durch manuelle Messgeräte wie dem Tastzirkel oder von der übermäßigen Handhabung bei der Neupositionierung riskieren. Das Anbringen von Markierungen oder Zielmarken auf diesen Exemplaren wäre schlichtweg undenkbar.“
Artec Space Spider
Deshalb wurde die Wahl des 3D-Scanners für das Projekt umso entscheidender. Mit Artec Space Spider, einem leichten, tragbaren 3D-Farbscanner, der bis zu einer Million Datenpunkte pro Sekunde mit einer Genauigkeit von 0,05 mm (dem Durchmesser eines menschlichen Haares) erfasst, konnten Rovinsky und Adams die Schädel der Exemplare in nur wenigen Minuten erfassen.
Zum Vergleich zwischen Space Spider und der traditionellen Verwendung von Messschiebern und Linealen in der Paläontologie sagt Adams: „Der Beutelwolf sowie andere ausgestorbene Arten sowieso alle Lebewesen sind keine zweidimensionalen Gebilde. Wenn wir also versuchen, die Form eines Organismus anhand von 2D-Messungen zu beschreiben, werden wir niemals in der Lage sein, die subtilen Möglichkeiten zu erfassen, mit denen sich die biologische Form verändert und an bestimmte Funktionen anpasst. Deshalb war Artec Space Spider Scanner für diese Studie von größter Bedeutung.“
Insgesamt wurden die Schädel von 223 Tieren aus 57 pflanzenfressenden Arten gescannt, darunter Beutelwölfe, Hyänen, Zibetkatzen, Mangusten, Beutelmarder, Hunde, Waschbären und viele andere.
Phylogenetischer Baum: Die repräsentativen Schädel der 57 in der Studie verwendeten Arten, angeordnet nach Phylogenie (evolutionäre Verwandtschaft) und gefärbt nach Familie (Feliden sind z.B. grün, Kaniden sind hellblau usw.).
Die große Vielfalt an Arten wurde in den Arbeitsablauf einbezogen, um sicherzustellen, dass der Datensatz und die vollständige Analyse aufeinander abgestimmt sind.
Aus evolutionärer Sicht war die Einbeziehung anderer fleischfressender Beuteltiere neben dem Beutelwolf, wie etwa des Beutelmarders, zwingend erforderlich, ebenso wie eine Auswahl anderer kleiner Fleischfresser, insbesondere Wiesel, Zibetkatzen und Mungos.
Die Scans wurden dann in der Software Artec Studio in 3D-Modelle umgewandelt und in eine andere Software, einschließlich Geomagic Studio, exportiert, um quantitative Analysen der 3D-Form der Schädel der ausgewählten Arten durchzuführen.
Vom Scannen zur Datensatzanalyse
Screenshot der Software Geomagic Studio, der die Neuausrichtung und Ausrichtung des Netzes vor der Verwendung im 3D-Programm für geometrische Morphometrie zeigt.
Nach dem Scannen mussten für die anschließenden 3D-geometrischen Morphometrie-Analysen (Form 381) anatomische Orientierungspunkte digital auf der Oberfläche jedes 3D-Schädels platziert werden.
Diese Orientierungspunkte dienten der genauen Identifizierung und Erfassung der unterschiedlichen Formmerkmale des Schädels und ermöglichten es den Forschern in Verbindung mit quantitativen Analysen, viele Fragen in Bezug auf dessen Form und Gestalt zu beantworten.
Schablone für Orientierungspunkte, die auf dem etwa durchschnittlich geformten Schädel des Rothundes (Cuon alpinus) erstellt wurde, dargestellt an der Seite (a), oben (b) und unten (c). Die Kurven- und Oberflächen-Halbmarken ermöglichen die Datenerfassung auf ansonsten merkmalslosen Bereichen des Schädels
Schlussfolgerungen und neue Enthüllungen
Die Ergebnisse der Analysen und Konvergenztests beantworteten frühere Fragen zur Ernährungsökologie der Beutelwölfe, die Forscher im Rahmen früherer Untersuchungen zur Beißkraft dieser Art aufgeworfen hatten.
Der Beutelwolf ist nicht dafür geschaffen, größere Tiere zu erlegen: Dazu braucht ein Tier einen robusten Kiefer, über den der Beutelwolf nicht verfügt.
Die respektable Bisskraft, die erforderlich ist, um ein großes Säugetier zu zerreißen, wie es Wölfe bekanntermaßen tun, wäre mit der zierlicheren Schädelstruktur des Beutelwolfs schlichtweg unmöglich gewesen.
Andererseits zeigen die Daten, dass eine solche Konvergenz zwischen dem Beutelwolf und afrikanischen Schakalen sowie südamerikanischen Füchsen deutlich belegbar ist, während die Konvergenz mit Kojoten und Rotfüchsen weniger stark ausgeprägt ist.
Wie Rovinsky und Adams in ihrer Studie betonen, kann der Beutelwolf zwar eine Konvergenz mit diesen Kaniden, die an den Verzehr kleiner Beutetiere angepasst sind, aufweisen. Jedoch ist er mit ihnen allen deswegen aber nicht zwangsläufig identisch beziehungsweise verwandt.
Diese Forschungsergebnisse in Verbindung mit den Ergebnissen früherer Studien zur Anatomie dieser Art unterstreichen daher, dass der Beutelwolf ein wirklich einzigartiges Tier in seiner eigenen Kategorie war.
Künstlerische Darstellung des Beutelwolfs von Damir Martin
Der Beutelwolf war eine Kreatur, deren Geschichte bis ins Oligozän vor mehr als 23 Millionen Jahren zurückreicht. Er war weder ein Beuteltier-Wolf noch ein Beuteltier-Tiger und schon gar kein Beuteltier-Schakal.
„Nachdem der Mensch das Aussterben dieser Kreatur bewirkt hat, ist es das Mindeste, dass wir ihr endlich den Respekt entgegenbringen, den sie verdient“, so Rovinsky.
Vorwärts gehen und die Vergangenheit erforschen
Für die Zukunft ist eine begleitende Studie geplant, die sich auf die Erforschung des Unterkiefers (Mandibels) des Beutelwolfs konzentriert, um einen noch tieferen Ursprung des Fressverhaltens aufzuzeigen. Weitere Studien umfassen Projekte zur Untersuchung der Ellbogen und Pfoten des Beutelwolfs, um zu untersuchen, inwieweit die Bewegungsmuster des Tieres und dessen Jagdtrieb verstehen können.
„Wir haben dem Bild des Beutelwolfs noch viel hinzuzufügen“, so Rovinsky abschließend. „Ich hoffe, dass künftige Forscher auch andere Facetten der Konvergenz erforschen werden, zum Beispiel in Bezug auf die physischen Merkmale des Beutelwolfs. Das kann uns helfen, unser Verständnis dieses einzigartigen Tieres weiter zu verfeinern.“
Scanner hinter der Geschichte
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