Digitale Konservierung jahrtausendealter Knochen mit Artec Space Spider
Herausforderung: Hoch oben im Himalaya liegen uralte Knochen, die 2.000 Jahre lang unberührt blieben. Die Funde wurden erst in den späten 90er Jahren ausgegraben und geben Einblicke in das Leben eines Volkes, über das relativ wenig bekannt ist. Experten des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) arbeiten daran, diese Entdeckung mit der Welt zu teilen.
Lösung: Artec Space Spider, Artec Studio
Ergebnisse: Mit Hilfe von Artec Space Spider entstanden erstmals hochauflösende digitale Modelle der Funde, die faszinierende Einblicke in das Leben und die Kultur der Menschen im alten Nepal geben.
Wenn die Rede von Nepal ist, denkt man gewöhnlich an den Mount Everest, das wohl bekannteste der sieben Naturwunder der Welt. Spricht man von der Antike, kommen einem wahrscheinlich Bilder von Ägypten, dem alten Rom, weiter östlich gelegenen Ländern oder Südamerika mit seiner Maya-Zivilisation und den Pyramiden in den Sinn. Doch an keinem dieser Orte machte das Deutsche Archäologische Institut (DAI) Anfang der 1990er Jahre einen äußerst spannenden archäologischen Fund – sondern in Nepal.
Khinga-Kalun in Nepal, wo der Fund gemacht wurde. Bild mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI)
In einer der abgelegensten Regionen des Landes, dem Mustang-Distrikt, entdeckte das Institut eine Fundstelle mit rund 2.000 Jahre alten, bemerkenswert gut erhaltenen tierischen und menschlichen Überresten. Die Knochen wurden unter den Ruinen einer Burg in einer etwa sieben Meter langen und zwei Meter breiten Kammer entdeckt. Der Fundort liegt hoch oben im Himalaya, etwa 3.000 Meter über dem Meeresspiegel – schwierige Bedingungen für jede Art von Arbeit.
Es sollte fast ein Jahrzehnt dauern, bis Archäologen die Stätte in drei Phasen zwischen 1991 und 1999 ausgegraben hatten. Die damals verfügbare Technologie bot noch nicht die Möglichkeiten zur Digitalisierung, wie es die heutige 3D-Scantechnologie kann. Daher ist es nun an der Zeit, die bemerkenswerte Entdeckung erneut, dieses Mal digital zu untersuchen.
Der Knochenfund wurde in einer Kammer unter den Ruinen einer alten Burg gefunden. Bild mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI)
Dr. Julia Gresky, eine Anthropologin am Institut, und Monice Timm, die bei den Recherchen für das Projekt mitgearbeitet hatte, digitalisieren die Präparate. Dr. Gresky merkt an, dass das Deutsche Archäologische Institut in seiner reichen Geschichte, die bis in das Jahr 1829 zurückreicht, schon einiges geleistet habe. Aber auch sie bezeichnet diesen Fund als „etwas ganz Besonderes“.
Wie sie es treffend formuliert: „Die Aufgabe eines Anthropologen ist es, Hinweise auf vergangene Zivilisationen zu finden – sozusagen die Knochen sprechen zu lassen.“
Laut Dr. Gresky werden Knochen häufig in Hunderten oder gar Tausenden von Fragmenten gefunden, so dass diese in einem mühsamen Prozess wieder zusammengeklebt werden müssen. Die nepalesischen Knochen jedoch hatten über 2.000 Jahre lang unberührt und nahezu perfekt erhalten dagelegen und hüteten seither ihr Geheimnis.
Die 2.000 Jahre alten tierischen und menschlichen Überreste waren sehr gut erhalten. Bild mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI)
Es gibt Hinweise darauf, dass die Kammer ab etwa 200 v. Chr. ungefähr zweihundert Jahre lang genutzt wurde. Dr. Gresky schätzt, dass die Bedingungen in dem Raum in den vergangenen rund zweitausend Jahren relativ konstant geblieben sein müssen, so dass die Knochen fast intakt bleiben konnten. Zudem ist die gesamte Mustang-Region ein altes verbotenes Königreich: Noch bis 1992 war der obere Mustang-Distrikt eine militärische Sperrzone, die vom Rest der Welt abgeschottet war. Das erklärt vielleicht, warum es relativ wenig Eingriffe in die Stätte gab.
Monice Timm bearbeitet den 3D-Scan eines Schädels aus der Fundstelle in Artec Studio. Bild mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI)
Für Timm ist es die historische Bedeutung des Fundes, die ihn besonders auszeichnet. Die Knochen selbst erzählen die persönlichen Geschichten einiger weniger Menschen, und sie geben auch wichtige Hinweise auf die Wanderungen und die Kulturgeschichte der Menschen in Nordnepal. Gab es damals Einflüsse aus dem Nahen Osten, Indien oder Südnepal? Die Entdeckung fügt dem Puzzle ein paar weitere Teile hinzu und trägt zu dem noch spärlichen historischen Wissen über dieses besondere Gebiet bei.
Angesichts der Bedeutung des Fundes entschied man sich, über die üblichen Fotografien und Röntgenbilder oder CT-Scans hinauszugehen. Es wurde beschlossen, die Knochen zu digitalisieren und genaue 3D-Modelle von ihnen zu erstellen. Timm hatte in der Vergangenheit mit verschiedenen Lösungen gearbeitet, darunter mehrere 3D-Scanner und sogar Photogrammetrie. Sie verstand besser als die meisten anderen, dass diese Aufgabe leichter gesagt als getan war.
Um ihr Ziel zu erreichen, benötigten die Spezialisten zunächst die richtige Ausrüstung. Sie konnten zum Beispiel nicht einfach Zielmarken auf einen 2.000 Jahre alten Schädel anbringen, wie es viele 3D-Scanner erfordern, und sie später wieder abziehen. Die Photogrammetrie würde eine umfangreiche Vorbereitung und Dutzende von sorgfältig aufgenommenen Fotos erfordern, und selbst dann würde sie nicht die Genauigkeit und eine ausreichend dichte Punktwolke liefern, wie sie ein moderner 3D-Scanner liefern könnte. Zum Glück hatte Timm bereits mit Artec Space Spider gearbeitet: Sie hatte also schon aus erster Hand erfahren, wie einfach das Gerät zu bedienen ist und wie gut es Objekte dieser Größe erfasst.
„Bei vorher genutzten Scannern ärgerte ich mich oft, weil der Prozess langwierig und frustrierend war, denn selbst das Scannen eines kleinen Knochens dauerte enorm lange”, sagt Timm. „Deshalb liebe ich die Artec-Scanner, denn sie sind so viel schneller und einfacher zu bedienen.“
Dr. Gresky stimmt zu. „Ich hatte zuvor noch nicht viel mit 3D-Scannern gearbeitet, und selbst mir hat das Scannen mit dem Gerät viel Spaß gemacht. Space Spider ist also wirklich gut – sowohl für Anfänger als auch für Profis”, sagt sie.
Artec Space Spider ist ein leichter, hochauflösender 3D-Scanner, der auf der Blaulicht-Technologie basiert. Er wiegt nur 0,85 kg und eignet sich – wie auch die anderen Scanner von Artec – hervorragend für berührungsloses Scannen, da er keinerlei Zielmarken benötigt. Der Scanner wurde ursprünglich für den Einsatz auf der Internationalen Raumstation entwickelt – und ist perfekt für die Erfassung kleiner bis mittelgroßer Objekte sowie für die Aufnahme komplizierter Details von größeren Objekten geeignet.
Hochauflösende texturierte Scans von Artec Space Spider. Bild mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI).
Für dieses Projekt konnte die 3D-Auflösung von Space Spider von bis zu 0,1 mm und die 3D-Genauigkeit von bis zu 0,05 mm das ideale Qualitätsniveau bieten, das die Forscher benötigen, um die Modelle mit Kollegen aus der gesamten wissenschaftlichen Gemeinschaft zu teilen. Die Modelle waren so präzise, dass sie sich für eingehende Analysen, unter anderem auch Messungen, eigneten.
„Man kann bestimmte Aspekte der Pathologie erkennen. Bei einer Hand zum Beispiel kann man die Form genauer untersuchen und Dinge bemerken, die man vielleicht zuvor übersehen hat”, erklärt Timm.
Der in diesem Projekt verwendete Space Spider wurde von KLIB, einem Gold-zertifizierten Artec-Partner in Deutschland, geliefert. Das Unternehmen bietet Lösungen für eine Vielzahl von 3D-Scan-basierten Anwendungen an und verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Lieferung und dem technischen Support von 3D-Scannern.
„Von dem Moment an, als wir von den Anforderungen dieses Projekts erfuhren, war uns klar, dass Space Spider die perfekte Lösung sein würde”, so Knut Lehmann, Geschäftsführer von KLIB. „Wir wussten, dass ein Scanner benötigt wurde, der einfach und bequem zu bedienen ist, und gleichzeitig in der Lage ist, hochauflösend und mit hoher Genauigkeit sowie in ausgezeichneten Farbeigenschaften zu scannen – Space Spider kann genau das.“
Das Scannen war trotz der Zerbrechlichkeit der Exemplare recht einfach. Kleinere, einfachere Knochen wurden in wenigen Minuten gescannt, während das Scannen von komplizierter geformten Knochen, die eine andere Vorgehensweise erforderten, etwas mehr Zeit in Anspruch nahm. Für Rippen, Schlüsselbeine und Wirbel benötigte man etwa 10-20 Minuten, für Schädel etwa 30 Minuten. Die Verarbeitung der Scans in Artec Studio dauerte etwa 20 Minuten für die einfacheren Knochen und zwischen 30 Minuten und 2 Stunden für Schädel.
Detaillierte Scans, die sogar den Grad des Zahnverfalls erfassen. Bild mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI).
Die bisherigen Ergebnisse sprechen für sich, denn die hochauflösenden Scans brachten viele interessante Details zutage. Bei einigen Funden hätte man es nicht für möglich gehalten, dass sie zwei Jahrtausende überdauern konnten. Ein Exemplar zum Beispiel wies Spuren einer Infektion im Bereich der Backenzähne auf.
Das Projekt ist noch nicht abgeschlossen, und die seltene Sammlung von gut erhaltenen und analysierten Knochen aus dieser Region der Welt wächst stetig. Im Moment liegt der Schwerpunkt auf der Analyse und der digitalen Aufbewahrung für wissenschaftliche Zwecke. Sobald die Arbeit abgeschlossen ist, könnte das Institut die Infrastruktur schaffen, um die Sammlung öffentlich zugänglich zu machen und noch mehr Menschen in diese faszinierende Forschung einzubinden.