Artec Space Spider im Einsatz an den Asphaltgruben von La Brea Tar Pits
Zusammenfassung: In La Brea Tar Pits, einer der weltweit produktivsten Quelle für Fossilien aus der Eiszeit, sollten die furchteinflößenden Knochen von entsetzlichen Schattenwölfen, Säbelzahnkatzen, Bodenfaultieren, Mammuts und anderen Spezies schnell und einfach digital erfasst werden.
Das Ziel: Mit einem tragbaren, hochauflösenden 3D-Farbscanner Fossilien verschiedener Formen und Größen innerhalb von Minuten zu erfassen und die 3D-Modelle für die Erhaltung, Forschung und zukünftige Öffentlichkeitsarbeit zu archivieren.
Verwendete Werkzeuge: Artec Space Spider, Artec Studio
Vor 12.000 Jahren gab es in Kalifornien, mitten im heutigen Los Angeles, große Vorkommen an natürlichem Asphalt (auf Englisch auch „tar“) unter der Erdoberfläche. Doch nicht nur dort lagerte der Asphalt, sondern auch auf dem Grund von Flüssen und Teichen. Wollten Tiere wie Mammuts, Bisons, Pferde, Riesenfaultiere und Kamele ihren Durst stillen, blieben sie zuweilen in dem extrem zähflüssigen Asphalt stecken, der an die Oberfläche getreten war. Schon eine Höhe von vier Zentimeter flüssigem Asphalt reichte aus, um ein Bison oder sogar ein Mammut an die Wasserstelle zu fesseln.
Skelett eines in den Asphaltgruben von La Brea Tar Pits ausgegrabenen wolfsähnlichen Wildhunds
Raubtiere wie der wolfsähnliche Wildhund (Canus dirus), die Säbelzahnkatze (Smilodon fatalis) und der Amerikanische Löwe (Panthera leo atrox) beobachteten, wie sie um ihr Leben kämpften, und stürzten sich auf die vermeintlich leichte Beute. Doch bald waren Jäger und Beute im unbarmherzigen Asphalt gefangen – und verhungerten beide. Während ihre Körper langsam an der Oberfläche verrotteten, wurden einige ihrer Knochen im Laufe der Zeit von Asphaltablagerungen eingeschlossen.
Skelett einer Säbelzahnkatze im Museum von La Brea Tar Pits
Das Museum von La Brea Tar Pits beherbergt eine Sammlung von Fossilien, die seit den ersten wissenschaftlichen Untersuchungen im Jahre 1906 aus diesen – immer noch munter vor sich hin blubbernden – Asphaltgruben geborgen wurden. Alles in allem wurden im Laufe der Jahre mehr als 3,5 Millionen Knochen in den La Brea Tar Pits entdeckt. Ihr Alter wurde mittels Radiokarbondatierung auf 50.000 Jahre geschätzt.
Das Museum von La Brea Tar Pits
Die La Brea Tar Pits sind eine wahre Fundgrube für Paläontologen aus aller Welt, denn hier lagert eine immense Menge gut erhaltener Fossilien. Um nur ein Beispiel zu nennen: Allein von der Spezies Canis dirus gaben die Asphaltgruben Knochen von 3.600 Exemplaren preis – neben Zehntausenden anderen Fossilien.
Grube 91 („Pit 91“) in den La Brea Tar Pits
Seit Jahren werden hier die verschiedensten Untersuchungen durchgeführt. Dazu gehören die Radiokarbondatierung und andere Molekularanalysen, die Aufschluss über die biotischen Veränderungen geben, die im Laufe der Zeit stattgefunden haben und auf menschliche oder umweltbedingte Einflüsse zurückzuführen sind. Die Radiokarbondatierung gestattet die exakte Altersbestimmung der entdeckten Pflanzen, Insekten, Vögel, Reptilien, Amphibien, Säugetiere und Muscheln. Mit ihr können sich die Forscher allmählich eine genauere Vorstellung davon machen, wie es vor Tausenden von Jahren an diesem Ort ausgesehen haben mag, bevor der Mensch kam und sich niederließ.
Diese Informationen sind nicht nur wichtig, um Erkenntnisse über die Vergangenheit zu gewinnen. Sie helfen den Wissenschaftlern auch, die heutigen Umweltveränderungen besser einzuordnen und genauer voraussagen zu können, was uns in den nächsten Jahrzehnten oder Jahrhunderten wohl erwartet. Darüber hinaus tragen sie zur Naturschutzplanung bei.
Fossilien aus Grube 91, eine der mehr als 100 Asphaltgruben der La Brea Tar Pits
Bevor eine Radiokarbondatierung durchgeführt wurde – übrigens keine besonders schonende Methode – fertigte das Museum Gipsabdrücke der Fossilien an, um das Original für die Forschung zu erhalten. Auch fotogrammetrische Aufnahmen mit einer digitalen Spiegelreflexkamera kamen für kurze Zeit zum Einsatz. Diese Methode war aber mit langen Bearbeitungszeiten verbunden und hatte zur Folge, dass sich auf Regalen und in Behältern große Mengen an Fossilien stapelten, die auf ihre Vermessung warteten.
Lagerregale mit Fossilien im Museum von La Brea Tar Pits
Dann erfuhr das Museum von der Nutzung von 3D-Scanning in der Paläontologie. Es beschleunigt nicht nur die Arbeitsabläufe erheblich und liefert präzisere Ergebnisse, sondern eröffnet auch mehr Möglichkeiten: Die erzeugten Fossilienmodelle lassen sich beispielsweise in 3D ausdrucken, am Bildschirm visualisieren und digital archivieren.
Skelett eines Amerikanischen Löwen im Museum von La Brea Tar Pits
Der 3D-Scan-Spezialist des Artec Certified Resellers Rapid Scan 3D präsentierte ihnen daraufhin den Artec Space Spider, einen handgeführten 3D-Streifenlicht-Scanner für die professionelle Anwendung. Der Scanner erzeugt in kürzester Zeit 3D-Modelle mit messtechnischer Präzision, selbst bei Objekten mit komplexen organischen Strukturen wie Fossilien. Mit einer Punktgenauigkeit von bis zu 0,05 Millimeter erledigt der Space Spider in wenigen Minuten das, was früher bis zu einer Stunde und mehr dauerte.
Chris Strong von Rapid Scan 3D berichtet: „Angesichts der Detailtreue, die für das 3D-Scannen der Fossilien in den La Brea Tar Pits benötigt wird, war uns schnell klar, dass hier der Artec Space Spider die richtige Wahl ist. Der Space Spider ist tragbar und für jeden leicht zu bedienen, egal ob Einsteiger oder Profi. Innerhalb weniger Minuten können wir Daten mit Farbinformationen und in hoher Auflösung erfassen. In der Luftfahrt und in der Medizin werden die Artec-Scanner schon seit Jahren mit großem Erfolg eingesetzt. Dieselbe Technologie lässt sich auch gut für den Erhalt von Kulturgütern und zum Scannen von Knochen und Fossilien nutzen.“
Carrie Howard mit dem sechsten Halswirbel eines Kamels, der aus dem Asphalt geborgen wurde
Carrie Howard, Spezialistin für Bildverarbeitung in La Brea erklärt: „Der Space Spider erfasst die komplexe Geometrie von Knochen bis ins kleinste Detail. Manche weisen nämlich Formen und Oberflächenmerkmale auf, die schwer zu erfassen sind, beispielsweise die schwungvollen Rundungen einer Bisonrippe, die Oberkiefer-Eckzähne einer Säbelzahnkatze oder die Mittelfußknochen des Kurznasenbärs. Und ich könnte noch so viele andere Beispiele aufzählen… Mit dem Space Spider lässt sich all das naturgetreu wiedergeben – farbig, in 3D und in hoher Auflösung.“
„Bei einem unserer ersten Projekte mussten wir 400 Fundstücke aufnehmen“, fährt Carrie Howard fort. „Es dauerte nicht lange, sie zu scannen und die Daten zu bearbeiten, und wir konnten anschließend gleich mit anderen Objekten weitermachen. Wir können jetzt viel mehr Knochen erfassen als früher. Mit der Photogrammetrie dauerte es bei der gleichen Menge dreimal so lang.“
Wirbel eines Wildhunds, der bei den Ausgrabungen im Rahmen des Projekts 23 entdeckt wurde
In den meisten Fällen braucht Carrie Howard für das Scannen nur ein paar Minuten: Sie legt das Fundstück auf einen kleinen Drehtisch, nimmt den Space Spider und dreht dann den Tisch langsam um die eigene Achse, während sie den Scanner auf- und abbewegt. Auf diese Weise kann sie jedes Detail der Oberfläche erfassen. Während des Scanprozesses wird das Ergebnis schon in der Scanner-Software Artec Studio angezeigt. Fehlt etwas, ist es auf dem Bildschirm sofort zu sehen, und die betreffende Partie kann ohne Weiteres neu gescannt werden. Das Objekt wird dann zurückgedreht und der Vorgang wiederholt.
3D-Scannen eines Wildhund-Kieferknochens mit Artec Space Spider
Die Nachbearbeitung findet in Artec Studio statt: Hierbei werden die Scandaten zu einer perfekten digitalen Kopie zusammengefügt und registriert. Es entsteht ein 3D-Modell, das als OBJ-Datei exportiert und archiviert werden kann.
3D-Modell des mit Artec Space Spider gescannten Wildhund-Kieferknochens
Wie in Bild 11 zu sehen ist, können Museumsbesucher den Space Spider durch eine Glasscheibe bei seiner Arbeit beobachten. Via Artec Studio kann der 3D-Scan des Fossils live auf einem Bildschirm begutachtet werden. Gegenüber der Glasscheibe befindet sich das Fossilienlabor des Museums, auch „Fishbowl“, das Goldfischglas, genannt. Hierbei handelt es sich um ein halbrundes, mit Glas abgetrenntes Labor, bei dem Kinder und Erwachsene aus nächster Nähe sehen können, wie die Paläontologen die unterschiedlichsten Fossilienfunde sichten, säubern und katalogisieren.
Vor Kurzem testete das Museum den Artec Micro, einen automatischen 3D-Desktop-Scanner mit messtechnischer Präzision, der für das Scannen kleiner Objekte mit einer Punktgenauigkeit von bis zu 10 Mikron ausgelegt ist. Denn das Museum besitzt eine umfangreiche Sammlung kleinerer Ausgrabungsobjekte, die von verschiedenen Pflanzen und Tieren stammen, wie Vogelknochen, Süßwasserschnecken und unterschiedliche Samenarten. Der Arbeitsablauf ist simpel: Das Objekt wird einfach auf den Micro Scantisch gelegt und nach ein paar Klicks übernimmt der Scanner den Rest. Der Tisch schwenkt und rotiert um die eigene Achse, während das blaue Licht und die Doppelkamera des Artec Micro jedes Oberflächenmerkmal des Objekts aus den unterschiedlichsten Winkeln aufnimmt.
Mammut und Säbelzahntiger, gefangen im Asphalt (aus dem Film Titans of the Ice Age)
Im Museum fanden bereits Gespräche zur Einrichtung einer überregionalen Online-Datenbank mit 3D-Fossilienmodellen für Forscher und zur Durchführung verschiedener Aktionen vor Ort und im Netz, unter anderem für Schulen und Universitäten, statt.
Für zwei weitere Projekte, die sich derzeit noch in der Explorations- und Entwicklungsphase befinden, ist der Einsatz von AR (Augmented Reality) geplant. Hierbei sollen die Besucher anhand interaktiver und „immersiver“ Ausstellungsformen mit den paläontologischen Funden der La Brea Tar Pits vertraut gemacht werden. Diese Projekte würden von den 3D-Modellen, die mit dem Space Spider des Museums erzeugt wurden, und anderen digitalen Technologien sehr stark profitieren – denn sie fördern die Kenntnisse der Öffentlichkeit über Wissenschaft und wirken falschen wissenschaftlichen Vorstellungen auf allen Gesellschaftsebenen entgegen.
Scanner hinter der Geschichte
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