Artec 3D-Scans ohne Markierungen für ein interaktives Schädelmuseum
Einschränkung: keine Aufkleber oder Markierungen waren erlaubt. Das Ziel: Mit den Handscannern von Artec 3D fragile Museumsartefakte, darunter Schädel und andere unbezahlbare Objekte, auf Drehscheiben zu scannen und daraus hochpräzise 3D-Farbmodelle zu erstellen.
Verwendete Werkzeuge: Artec Eva, Spider, Artec Studio
Man mag gar nicht glauben wollen, das Betrachten eines Schädels von einem toten Tier könne eine freudvolle Beschäftigung sein. Jedoch wird das Team des Visualisierungslabors an der St. Cloud State University in Minnesota Sie Ihre ästhetischen Präferenzen überdenken lassen. Nachdem Sie folgendes Video als Machbarkeitsnachweis für ein interaktives Schädelmuseum gesehen haben werden, wird Ihnen nichts anderes übrigbleiben, als zuzugestehen, dass die Idee, eine Schädelsammlung zu visualisieren, etwas Schaurig-Einnehmendes hat.
Der hypnotisierende Effekt mag sehr wohl auf die unglaublich detaillierten 3D-Abbildungen der Schädel zurückzuführen sein, und das haben wir Artec Spider und Artec Studio 3D zu verdanken. „Tatsächlich gibt es keine alternative Lösung für das, wofür wir Spider benutzen.“, sagt Visualisierungstechniker Mark Gill, Leiter von VizLab.
Das Schädelmuseum ist eines von einer Handvoll Projekten, an denen VizLab zuletzt gearbeitet hat. Die Aufgabe von VizLab ist es, Visualisierungen sowie empirische und multimediale Lösungen für die komplexen Anforderungen einer Universität zu entwickeln. Dies schließt Software zur Unterstützung von Lehrbetrieb, Forschung und Labor mit ein, wenn bestimmte Herausforderung durch den Einsatz von auf dem Markt erhältlicher Software nicht so einfach gestemmt werden können.
„Wir arbeiten mit den Mitgliedern der Fakultät, um genau die Laborerfahrung zu liefern, die sie brauchen. Studenten, die im Labor arbeiten und Software entwickeln, erhalten Zugang zu Technologien und Konzepten, die sie sonst im Rahmen ihres normalen Studienkurrikulums nicht zu sehen bekommen würden.
Kürzlich erwarb das Labor zwei Artec 3D-Scanner, Eva und Spider, dank derer das interaktive Schädelmuseum zur Realität geworden ist.
„Bevor wir Spider und Eva kauften, hatten wir wenig Arbeit in dieser Art gemacht.“, sagt Mark Gill. „Wir hatten Modellier-Tools wie 3DS Max und bauten unsere Modelle selber, jedoch war die genaue Erfassung von realen Objekten etwas, was wir nicht besonders gut konnten. Wir hatten zuvor andere verbreitete Scanner benutzt, die unseren Anforderungen bei sehr großen Objekten entsprachen. Wir versuchten auch einige Photogrammetrie-Optionen, hatten jedoch eher durchwachsene Ergebnisse.“
Spider füllt eine Nische, die im Labor lange Zeit leer geblieben war. So ist es beispielsweise nun möglich, alte Maschinenteile nachzuentwickeln und 3D-Modelle von archäologischen Artefakten, wie zum Beispiel Pfeilspitzen oder Tonscherben, zu erstellen. Das Laborteam kann nun Duplikate von unbezahlbaren Artefakten 3D-drucken und elektronische Archive mit ausgeliehenen Museumsstücken zusammenstellen. „Die Werte der Scans, die wir von Spider bekommen, sind gut genug, dass wir damit geometrische Analysen der gescannten Oberflächen durchführen können.“, sagt Mark. Ihm zufolge gebe es Interesse aus dem Institut für Kunstgeschichte an der Möglichkeit, Skulpturen zu scannen und sie in Multimediaprojekten einzubauen. Mit einem Gerät wie Spider können physische Medien rasch in einen virtuellen Raum integriert werden. Es gibt auch den Plan, Besucher zu scannen, damit die tatsächliche physische Erscheinung einer Person als Avatar in einer virtuellen Umgebung eingesetzt werden kann.
Das Labor ist auf Artec Studio 10 umgestiegen, und die Belegschaft scheint mehr als zufrieden. „Es ist das beste Werkzeug, das ich finden konnte, um Fehler in einem für 3D-Druck gedachtes Polygonnetz zu beheben.“, sagt Mark. „Ich kann ein Modell aus praktisch jedem Format importieren und es schnell für das physische Prototyping vorbereiten, meistens, indem ich das Netz für ein Modell neu zuteile, oder indem ich die Funktion Sharp Fusion auf eine Reihe separater Netze anwende.“
AS 10 hat sich als ein großartiges Werkzeug erwiesen, um die Daten aus einem Elektronenmikroskop, wie zum Beispiel eine wenige Mikrometer breite Kristalloberfläche oder einen Einzellenorganismus, zu bereinigen und zu präsentieren. Diese erscheinen oft mit Rauschen und großen Mengen an Extradaten. Mit den Editiertools von AS 10 können das Rauschen beseitigt und Polygonnetze zusammengefügt werden.
Und nun werfen wir einen genaueren Blick darauf, wie AS 10 und Spider für unser Projekt, das interaktive Schädelmuseum, genutzt wurden: Im Museum wird eine Sammlung von Säugetierschädeln gezeigt – das kleinste von einer Maus und das größte von einer Kuh. Diese haben eine große Bandbreite an Oberflächen, Texturen und Größen. Kleinere Proben, wie das Opossum oder der Rotfuchs, sind fast lichtdurchlässig. Als nächstes auf der Liste steht die Digitalisierung der Universitätssammlung von Hominidenschädeln – mit dieser Arbeit hat Mark bereits begonnen.
Das Museum begann als eine Laborübung für den Unterricht von Biologiestudenten, die von gemeinsamen phylogenetischen Vorfahren vererbte Merkmale studieren. Ausgerichtet ist das Projekt speziell auf die spezifischen Anforderungen des Programms in Biologie an der Universität.
Um fast alle Teile zu scannen, benutzte Mark eine Scanning-Drehscheibe, auf die er willkürlich Markierungen setzte, um die Erfassung zu erleichtern. Einige Teile hatten genug Textur, so dass er die Erfassungshilfen nicht wirklich brauchte. Mit anderen war es schwieriger.
Mit den meisten kleineren Arten dauerte das Scannen und Verarbeiten etwa eine Stunde. Der Schädel und der Kiefer für jede Probe wurden in separaten Scans erfasst. Die Schädel sind recht verschachtelt und haben komplexe organische Strukturen, daher machte Mark etwa acht Scans von jedem Teil, um sicherzustellen, dass er Merkmale wie Zähne aus allen Winkeln hatte.
„Da die Stücke aus dem Museum geliehen waren, wollte ich keine Extramarkierungen auf die Proben setzen und kein Puder verwenden, soweit dies möglich war.“, sagt Mark. „Ich setzte die Empfindlichkeit bei Spider hoch, um die schwerer zu erfassenden Oberflächen in den Griff zu bekommen.“
Am schwierigsten war der Hirschschädel. Gill bearbeitete Schädel, Geweih und Kiefer als separate Projekte. Der Hirschschädel allein brachte es auf 23 Scans mit einer Gesamtdatenmenge von etwa 12 GB.
Die Erstellung des endgültigen Netzes begann mit der Anwendung von Sharp Fusion auf dem gesamten Schädel bei einer Auflösung von 1mm. Das Ergebnis waren Netze mit etwas unter einer Millionen Flächen für die Maus, und etwa vier Millionen Flächen für den Hirsch. Alle anderen Modelle lagen irgendwo dazwischen.
Mark verdoppelte das Netz des Hirschschädels, bevor er es vereinfachen und Texturen anwenden konnte, da er verschiedene Versionen des Netzes für verschiedene Teile brauchte.
„Die Netzvereinfachnung in AS 10 ist die beste, die ich bisher gesehen habe.“, sagt Mark. „Andere Programme erlauben es, einige Parameter anzugeben, aber die finale Flächenzählung hat was von einem Schnappschuss, und dementsprechend fällt die Qualität wirklich ab, wenn man das Netz reduziert. Mit AS 10 kann ich die exakte Zahl eingeben, die das Netz haben soll, und bekomme ein Netz mit exakt dieser Flächenzählung. Und es sieht so viel besser aus, als die Ergebnisse, die ich mit anderer Software erziele.“
Mark renderte dann die Texturen auf 4096x4096 und exportierte die sehr vereinfachten Netze mit dem Material als .obj-Dateien.
Anschließend ging Mark mit dem Modell zu 3D Studio Max 2016 über, um die Schädel- und Kieferteile zusammenzufügen. Er reihte sie so einander, wie sich verbinden sollten, damit anschließend für beide Modelle derselbe Punkt und dieselbe Ausrichtung zugeordnet werden konnten. Auf diese Weise können Schädel und Kiefer zusammen bewegt werden, aber auch als getrennte Glieder funktionieren.
Nachdem die Modelle verbunden waren, exportierte Mark sie, wobei er Kiefer und Schädel als separate Objekte in Autodesk .FBX-Dateien mit eingebetteten Medienobjekten beibehielt.
Das tatsächliche Schädelmuseum wird mit der Unity 5 Game-Engine gebaut. „Ich setze auf einige große Multitouch-Tische, die wir haben, und ich benutze ein Framework namens Gestureworks für die Touch-Manipulation.“, sagt Mark. „Unity erlaubt das schnelle Prototyping für die meisten Typen von interaktiven 3D-Anwendungen. Es nutzt C# als Skriptsprache, so dass ich das exakte Verhalten der Schädel programmieren kann: Ich kann kontrollieren, wie sie sich in der Game-Engine bewegen, wie man sie skalieren kann oder was sie den Kiefer öffnen lässt. Unity hat zudem Tools Steuerungselemente, um Licht und andere visuelle Effekte zu steuern.“
„Nun, da die Prototyp-Anwendung fertig ist, werden wir sie der Belegschaft am Institut für Biologie zeigen, um zu sehen, inwieweit sie ihren Anforderungen entspricht“, sagt Mark. „Am Ende soll es den Studenten möglich gemacht werden, mit diesen Proben zu arbeiten und sie mit anderen Proben zu vergleichen, ohne diese dabei im eigentlichen Sinne in die Hand nehmen zu müssen.“
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