Der Runenstein von Kensington: Mit 3D-Scannern auf der Suche nach der Wahrheit
Seit mehr als hundert Jahren streiten Historiker und Wissenschaftler darüber, wann die Wikinger erstmals nach Amerika kamen und wie weit sie in den Westen vordrangen. Eines der wichtigsten Objekte in dieser Debatte war stets der Runenstein von Kensington: ein 92 Kilo schwerer Klotz, der 1898 von einem Farmer in Minnesota ausgegraben wurde. Verziert mit scheinbar uralten skandinavischen Runen, könnte dieser Fund die amerikanische Geschichte neu schreiben – vorausgesetzt seine Authentizität würde nachgewiesen.
Zwei bekannte Archäologen, Blue Nelson und Mike Arbuthnot, Moderatoren der populären amerikanischen Fernsehserie America’s Lost Vikings, entschlossen sich daher, der Sache auf den Grund zu gehen.
„Seit der Runenstein im Jahr 1898 entdeckt wurde, gehen die Meinungen der Wissenschaftler darüber auseinander, ob die Runen tatsächlich 650 Jahre alt sind“, berichtet Nelson.
Fakt ist, dass die Wikinger um das Jahr 1000 herum den Atlantik überquerten und zumindest für einen gewissen Zeitraum an der Küste Neufundlands bei L'Anse aux Meadows siedelten. Doch die Entfernung zwischen dieser Siedlung und Kensington in Minnesota, wo der Runenstein im Wurzelwerk einer Espe gefunden wurde, beträgt fast 2.900 Kilometer. Ob und wie die Wikinger tatsächlich so weit vordrangen, bleibt eine ungelöste Frage.
Nach Meinung der Kritiker der Kensington-Theorie hat Olof Ohman, der Farmer aus Minnesota, der den Runenstein fand, ihn selbst behauen – und ihn dann in der Hoffnung vergraben, alle von der Echtheit seiner Fälschung überzeugen zu können.
Der Runenstein besteht aus zwei verschiedenen Materialien, einem härteren Mineral, der Grauwacke und einem weicheren, dem weißen Kalzit. Der erste Gedanke von Blue Nelson, als er den Stein genauer in Augenschein nahm, galt der Verwitterung der Runen: Angesichts der Tatsache, dass der Stein mehr als sechshundert Jahre lang mit der Schriftseite nach unten im feuchten Boden gelegen haben sollte, hätten die in den weicheren Kalzit eingeritzten Runen viel stärkere Verwitterungsspuren aufweisen müssen als die in Grauwacke gehauenen Schriftzeichen.
Doch die Untersuchung des Steins mit einer kleinen Lupe brachte keine neuen Erkenntnisse. Um jegliche Zweifel auszuschließen, war es notwendig, Tiefe und Form der Einschnitte ganz genau zu messen. An diesem Punkt kamen die Archäologen auf den Einsatz von 3D-Scannern.
Die 3D-Erfassung hat sich in der Archäologie immer wieder bewährt: Sie liefert hochpräzise und eindeutige Erkenntnisse über Fundobjekte und winzigste Details. Da alle Daten digital aufgenommen und in hochdynamische 3D-Modelle verwandelt werden, können Archäologen mehrere Kopien von ein und demselben Objekt erstellen und es mit anderen teilen. Sie haben die Möglichkeit, es für künftige Forschungsprojekte zu archivieren und in verschiedenen Materialien in 3D auszudrucken – ganz gleich ob als Miniatur-oder vergrößerte Ausgabe des Originals.
Um den Runenstein von Kensington in 3D zu erfassen, wandten sich die Archäologen an die Experten von Laser Design, die die 3D-Farbhandscanner Artec Eva und Artec Space Spider mitbrachten. Der Runenstein wurde zwar schon einmal n 3D gescannt, doch nicht annähernd mit der Detailgenauigkeit eines Artec-Scanners. Eva bietet eine Punktgenauigkeit von bis zu 0,1 mm, während der Space Spider atemberaubende 0,05 mm schafft.
Kevin Shain von Laser Design, der Nelson und Arbuthnot beim Scannen unterstützte, hielt zunächst einen 10-minütigen Crash-Kurs ab. Das reichte aus, um mit der Arbeit loszulegen: Nach wenigen Minuten scannten die Archäologen bereits wie zwei alte Profis.
„Die Artec-Geräte sind die einfachsten Scanner, mit denen ich je gearbeitet habe“, sagt Shain. „Neue Anwender verstehen sehr schnell, warum sie was machen müssen, egal welchen Wissensstand sie haben.“
„Es ist unglaublich“, staunte Nelson während des Scanvorgangs, „Absolut nicht invasiv! Das wird das hochauflösendste Modell des Runensteins von Kensington, das es je gegeben hat.“
Während sie den Runenstein scannten, konnten sie zusehen, wie sich die extrem detaillierten Farbbilder des Steins in Echtzeit auf dem Bildschirm aufbauten.
Der gesamte Scanprozess war in weniger als einer Stunde abgeschlossen. Zuerst wurde Eva verwendet, um die gesamte Oberfläche und die Farbnuancen des Steins zu erfassen. Anschließend kam Space Spider zum Einsatz, um die einzelnen Runen mit maximaler Detailgenauigkeit zu scannen. Obwohl Space Spider normalerweise für kleinere Objekte verwendet wird, war die beachtliche Größe des Runensteins (76 × 41 × 15 cm) kein Problem für den Handscanner, der gemeinsam mit Eva sämtliche Daten in weniger als einer Stunde erfasste.
„Die Detailtiefe, die man mit diesem Ding erreicht, ist unglaublich“, stellt Nelson fest, als er den Scan in der Vorschau sah.
Die Nachbearbeitung der Scans erfolgte in Artec Studio. In unter einer Stunde konnten die ersten Farbergebnisse erzeugt werden. Die endgültigen, hochauflösenden Scans waren nach vier Stunden fertig. Hierbei ist die Extrazeit eingerechnet, die für die Erstellung einer makellosen 3D-Kopie des Runensteins von Kensington benötigt wurde.
3D-Scanexperte Kevin Shain erklärt, wie die Nachbearbeitung ablief: „Da ich für den Runenstein nur einen Tag hatte, musste ich schnell und präzise arbeiten. Nach dem Scannen richtete ich die Eva-Datensätze aneinander aus und kombinierte sie mit den extrem hochauflösenden Space-Spider-Daten.“
„Die Daten beider Scanner stimmten vollständig überein. Ich startete die letzte globale Registrierung für alle Daten, entfernte die Ausreißer und führte schließlich eine scharfe Fusion durch. Das Ergebnis war ein komplettes, hochauflösendes 3D-Modell des Runensteins von Kensington.“
Als das Modell fertig war, führten die Archäologen eine Querschnittsuntersuchung der einzelnen Runen durch und verglichen die Schriftzeichen im weichen Kalzit mit denen in der harten Grauwacke.
Ihr Augenmerk legten sie dabei vor allem auf das V. Im weichen Kalzit war die Verwitterung so weit vorangeschritten, dass der Buchstabe eher einem U glich. Darüber hinaus waren die Kalzit-Runen insgesamt um 25 Prozent flacher als die Runen in der Grauwacke.
„25 Prozent wären bei etwa 130 Jahren Verwitterung zu erwarten“, meinte Blue Nelson und brachte seine Zweifel darüber zum Ausdruck, dass der Stein tatsächlich 650 Jahren mit der Schriftseite nach unten im feuchten Boden gelegen hatte.
Doch Mike Arbuthnot machte sich seine eigenen Gedanken: „Woher weißt du, wie stark der Stein in 125 Jahren verwittert? Wir sollten davon ausgehen, dass die Geschichte stimmt.“
Die Archäologen akzeptierten schließlich, dass sie unterschiedlicher Meinung waren. Auch wenn die 3D-Scans den Kontrast zwischen den Runen sehr deutlich gemacht hatten, war das Rätsel nach wie vor ungelöst. Es fehlten die endgültigen Beweise.
Die beiden machten sich nun auf die Suche nach den fehlenden Beweisen: Um die vermeintliche Reise der Wikinger in Minnesota nachvollziehen zu können, ruderten sie in einer kleinen Nachbildung eines Wikingerschiffs den St. Louis River hinauf. Außerdem besuchten sie einen Experten für Steinbildhauerei, um herauszufinden, ob ein normaler Mensch in der Lage ist, einen derartigen Runenstein herzustellen.
Das Ergebnis: Es ist zwar möglich, doch das Vorhaben ist mit einem enormen Maß an Aufwand, Kraft und Zeit verbunden. Das Herstellen eines solchen Steins nimmt mehrere Tage in Anspruch und erfordert zudem, dass der Meißel ständig geschärft wird.
Außerdem erscheinen die Umstände, unter denen der Runenstein entstanden sein soll, wenig plausibel. Auf der Inschrift des Steins berichten Wikinger, dass bei einer Expeditionsreise von Vinland nach Westen zehn Männer erschlagen wurden. Historiker finden, dass dieser Verlust eine denkbar unpassende Ausgangssituation sei, um mit viel Aufwand Runen in einen Stein zu meißeln.
Im Endeffekt streiten sich die Experten bis heute um die Echtheit des Runensteins: die einen meinen, Ohman habe die Runen aus einem schwedischen Lehrbuch kopiert und selbst in den Stein gehauen, die anderen beharren auf der Echtheit des Steins und dessen Geschichte. So bleibt es wohl jedem selbst überlassen, den Runenstein von Kensington als Mythos oder Tatsache zu betrachten.
The result: Although it is possible, the project is associated with an enormous amount of effort, strength and time. Producing such a stone takes several days and also requires constant sharpening of the chisel.
In addition, the circumstances under which the rune stone is supposed to originate from are not very plausible. On the inscription of the stone, Vikings report that on an expedition from Vinland to the west ten men were killed. Historians find that such a loss is a conceivably inappropriate starting point for chiseling runes into a stone with much effort.
In the end, experts still argue about the authenticity of the rune stone: some say that Ohman copied the runes from a Swedish textbook and carved them into the stone themselves, others insist on the authenticity of the stone and its history. Thus, it is up to everyone to view the runestone of Kensington as either a myth or a fact.
To learn more, tune in to watch the show here:
https://www.sciencechannel.com/tv-shows/americas-lost-vikings/
(episode 4, Ghosts of the Great Lakes)