Artec Ray digitalisiert buddhistisches Kulturgut im chinesischen Shenzhen
Avalokiteshvara verkörpert das Mitgefühl aller Buddhas und wird in den verschiedensten Religionen und Glaubensrichtungen wie dem Taoismus und dem Hinduismus verehrt. Bekannt unter vielen Namen und in verschiedener Gestalt, wird er in Tibet „Chenrezig“, in Japan „Kanzeon“ und in Indien „Padmapani“ genannt. Im chinesischen Buddhismus nimmt Avalokiteshvara eine weibliche Gestalt an: Guanyin, die Göttin der Barmherzigkeit.
Guanyin wird in buddhistischen wie in taoistischen Kulturen angebetet. Sie verkörpert das Erbarmen und gilt als Quelle des Mitgefühls für die ganze Welt. Für die Verehrer von Guanyin sind drei Daten entscheidend: der 19. Februar, an dem Guanyin der Legende nach geboren wurde. Der 19. Juni, der Tag ihrer Erleuchtung – im Buddhismus die höchste spirituelle Stufe der Wahrheit, Weisheit und Erkenntnis. Und schließlich der 19. September, der Tag der Entsagung: Er ist die letzte Etappe auf der Reise vom spirituellen Erwachen bis hin zur vollkommenen Hingabe – der Zeitpunkt, an dem die Göttin alle irdischen Freuden und Begierden hinter sich lässt.
Buddhistische Glaubensgemeinschaften auf der ganzen Welt feiern diese besonderen Tage, indem sie zu den Guanyin-Statuen pilgern. Sie bringen der Göttin Gaben dar, beten und bitten um ihren Segen, um Gesundheit und um spirituelle Führung. Die Statuen sind an den unterschiedlichsten Orten zu finden – in indonesischen Tempeln ebenso wie in indischen Höhlen. Die Statue, um die es hier geht, sitzt auf einem Berg im chinesischen Shenzhen.
Doch jetzt brauchte die beliebte Statue ein neues Zuhause, denn die Sanierungsarbeiten in ihrer Umgebung machen vor ihr nicht halt. Damit sie im Falle einer Beschädigung nicht für immer verloren ist, kam der Wunsch auf, Guanyin in ihrem ursprünglichen Zustand zu erfassen: friedlich, kunstvoll gearbeitet und auf einer Lotusblüte thronend.
„Die Statue wird bald zerstört oder umgesiedelt“, sagt Ivan Fung von JIE Technologies, Gold Certified Partner von Artec in Hong Kong. „In ein oder zwei Jahren wird sie wahrscheinlich an einen anderen Platz gebracht. Unser Kunde LK International, eine Druckerei in der Nähe, wollte sie deshalb in digitaler Form erhalten. Seine Mitarbeiter pilgern regelmäßig zu der Statue und beschäftigen sich seit Kurzem auch mit 3D-Druck. Falls die Statue auf dem Transport auf irgendeine Weise beschädigt oder zerstört wird, gibt es dann immer noch die digitalen Daten. Mit ihnen könnte man eine Statue bauen, die der alten auf‘s Haar gleicht“, erklärt Fung.
Mit Artec Ray konnte die Statue vollständig gescannt werden; aus dem Scan entstand ein hochpräzises 3D-Modell. Quelle: Ivan Fung, JIE Technologies
Für dieses Projekt, bei dem ein großes Objekt mit vielen Details gescannt werden musste, schwebte JIE Technologies ein ganz bestimmter Scanner vor: Artec Ray.
Der Laserscanner Artec Ray ist der schnellste und präziseste unter den 3D-Langstreckenscannern. Er eignet sich ideal für die Aufnahme großer Objekte wie Flugzeuge, Gebäude, Windturbinen oder – wie in diesem Fall – Statuen. Artec Ray scannt Objekte, die bis zu 110 Meter entfernt sind; Objekte in einem Umkreis von 15 Metern erfasst er mit submillimetergenauer Präzision. Auch in puncto Winkelgenauigkeit ist Artec Ray der beste Scanner seiner Klasse. Die Daten werden mit Ray nicht nur schnell erfasst, sie sind auch rauschärmer und ermöglichen eine schnellere Nachbearbeitung.
Bei diesem Projekt setzten Fung und sein Team Artec Ray zum ersten Mal ein. „Ich komme aus der Industrie, und wir scannen vor allem für das Reverse Engineering und den industriellen Bereich“, erklärt er und berichtet über seine Erfahrungen mit den Artec-Scannern Eva, Leo und Space Spider. „Die Statue haben wir mit Artec Ray gescannt. Vier Stunden haben wir gebraucht, was für eine so große Statue wirklich wenig ist.“
Mithilfe einer Arbeitsbühne wurde Artec Ray parallel zum Boden auf verschiedenen Höhen um die Statue herumgeführt. Für den Scan wurde eine iPad-App verwendet – eine Artec-Ray-Funktion, die das Erfassen großer Objekte erleichtert. Vier Stunden lang wurde die Statue gescannt; danach wurden die Daten in Artec Studio verarbeitet und ausgerichtet, womit Fung und seine drei Arbeitskollegen einen Arbeitstag verbrachten.
„Wenn es nötig gewesen wäre, hätten wir mit Artec Eva mehr Einzelheiten scannen können“, so Ivan. „Doch ich war überrascht, wie gut der Scan mit Artec Ray wurde. Alle wichtigen Details waren drin.“
Die Tatsache, dass ein so großer Gegenstand mit Artec Ray – und ausschließlich mit Ray – erfasst werden konnte, hatte eine ganze Reihe weiterer Vorteile. „Ich glaube nicht, dass wir so problemlos fertig geworden wären, wenn wir mit Leo oder Eva gearbeitet hätten“, meint Fung. „Aber mit einem Langstreckenscanner wie Ray konnten wir den Scan in sehr kurzer Zeit abschließen“.
Mithilfe der Daten wurden auch kleine Gedenkstatuen hergestellt. Quelle: Ivan Fung, JIE Technologies
Da sie keine Zielmarken verwenden mussten – ein Vorteil von Artec Studio – führte das Team weniger als zehn Scans durch, die bei der Nachbearbeitung alle zusammengesetzt wurden.
„Was die Scanqualität angeht, liefert Artec Ray bessere Ergebnisse als andere Scanner, mit denen wir schon gearbeitet haben. Die Daten sind viel detailreicher“, berichtet Fung.
Obwohl es das erste Mal war, dass JIE Technologies mit Artec Ray arbeitete, verlief die Einarbeitung problemlos.
„Wir bekamen Artec Ray im November, also hatten wir den Scanner ungefähr einen Monat. Es war das erste Mal, dass wir mit Ray gearbeitet haben – und das erste Mal, dass wir einen perfekten Scan hatten“, findet Fung.
Bevor es losging, übte das Team zu Hause, im eigenen Büro und in verschiedenen Gebäuden. „Das Scannen selbst ist simpel, man drückt einfach auf einen Knopf“, erzählt Fung. Was sich aber als ebenso wichtig erwies, war die Software. „Wir sind im Umgang mit Artec Studio gut geschult worden“, fügt Ivan hinzu. Mit den Anweisungen der Artec-Supportmitarbeiter starteten Fung und sein Team zuversichtlich ihr erstes Ray-Projekt – und wurden mit Erfolg belohnt.
„Unsere Kunden sind mit den Scanergebnissen zufrieden, und wir ebenfalls“, so Fung.
Bislang wurden die Daten nicht nur zur kulturellen Erhaltung genutzt: Für die Menschen, die die Statue auf dem Berg regelmäßig besuchen, wurden kleine Guanyin-Ausgaben gedruckt.
„Wir haben die Statue gescannt und auf zehn oder 15 Zentimeter verkleinert. Dann haben wir sie als Souvenir ausgedruckt“, erläutert Fung. „Die Leute können die große Statue zwar nicht kaufen“, lacht er, „aber wenigstens können sie die kleine mit nach Hause nehmen.“
Abgesehen von dem erfolgreichen Scan hat dieses Projekt neue Möglichkeiten eröffnet, die es vorher auf dem chinesischen Markt so nicht gab. „Für andere Scanner gibt es viele konkurrierende Produkte in China“, sagt Fung. „Doch Artec Ray erschließt uns einen ganz neuen Markt.“
Der Erfolg dieses Projekts stimmt das Team von JIE Technologies zuversichtlich, dass es mit Artec Ray neue Kunden in China wie Museen oder Architekturbüros ansprechen kann. Und abgesehen vom Projekterfolg wurde immerhin ein Kulturgut gerettet, das durch die neuen Entwicklungen bedroht war.
„Wenn die Regierung oder kommerzielle Investoren in China ein Gebiet bebauen wollen, wird es für einen höheren Preis verkauft, um mehr Geld daran zu verdienen. Die Statue muss deshalb der Modernisierung weichen und umgesiedelt werden“, erklärt Fung. „Das geschieht in China relativ oft. Deshalb ist es wichtig, unsere Kultur zu schützen.“