Historische Erhaltung von antiken Artefakten und archäologischen Stätten durch AR mit Artec
Historische Welterbestätten in Schottland und bald auch Bayern in 3D auf dem Smartphone und online erleben.
Menschen mit Smartphone in der Hand schleichen am Antoninuswall in Schottland herum. Sie telefonieren nicht und lesen auch keine Chat-Nachrichten, sondern haben eine App geöffnet, die Geschichte lebendig macht: die „Antonine Wall“-App. Dabei handelt es sich um interaktive, ortsbasierte App für die nördlichen Grenzen des Römischen Reiches. Die App enthält interaktive 3D-Modelle und -Nachbildungen von Artefakten, die an römischen Fundstätten ausgegraben wurden. Der Nutzer kann die Objekte schwenken, drehen, vergrößern oder verkleinern und sich anhand der Textbeschreibung über sie informieren.
Federführend: Centre for Digital Documentation and Visualisation
Doch der Reihe nach: Verantwortlich für die ortsbasierte App ist das Centre for Digital Documentation and Visualisation. Es entstand im Rahmen einer Partnerschaft zwischen der schottischen Behörde Historic Environment Scotland und der Glasgow School of Arts. Mit der Einrichtung des Dokumentationszentrums sollten digitale Projekte für den Erhalt des historischen Erbes ins Leben gerufen werden. Im Rahmen des „Scottish Ten“-Projekts, einer Initiative der schottischen Regierung, wurden fünf schottische und fünf internationale UNESCO-Welterbestätten wie der Mount Rushmore oder das Opernhaus in Sydney digital dokumentiert. Die Erzeugung von 3D-Daten sollte den Erhalt, die Verwaltung und die Interpretation dieser Kulturstätten unterstützen. Im Jahr 2011 kam dabei erstmals ein MHT-Handscanner von Artec 3D zum Einsatz, und zwar beim wunderschönen, tausend Jahre alten Stufenbrunnen Rani ki Vav in Gujarat, Indien.
Der Brunnen ist mit über 400 Skulpturen von Hindu-Gottheiten geschmückt, die kunstvoll in Sandstein gehauen sind. Hier konnte der Artec-Scanner einen wertvollen Beitrag bei der hochauflösenden Detailerfassung leisten.
Seit diesem Projekt gehört er zur 3D-Standardausrüstung des Teams. Mittlerweile verwenden die Forscher zusätzlich den 3D-Scanner Artec Eva.
Neues Projekt ALApp: Römisches Reich in Bayern und Schottland erforschen
Momentan arbeitet das Centre for Digital Documentation and Visualisation mit Partnern aus Deutschland und Österreich an einem Projekt mit dem Namen „Advanced Limes Applications“ (ALApp). ALApp wird durch „Creative Europe“ finanziert, dem EU-Förderprogramm für die audiovisuelle Branche. Im Rahmen des ALApp-Projekts werden digitale Technologien und Inhalte für modernste mobile Anwendungen entwickelt und verbreitet, um die Grenzen des Römischen Reiches, die Teil des Weltkulturerbes sind, zu erforschen. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf dem Antoninuswall in Schottland und dem Obergermanisch-Rätischen Limes in Bayern, zwei historische Stätten, die Bestandteil des UNESCO-Weltkulturerbes „Grenzen des Römischen Reiches“ sind. In Schottland kooperieren die Projektmitglieder mit sechs Gemeinden, die am Antoninuswall liegen: Bearsden, Croy Hill, Duntocher, Kinneil, Rough Castle and Watling Lodge. Die Arbeiten in Bayern beschränken sich dagegen auf einen Standort: Eining bei Regensburg, wo auch das römische Kastell Abusina liegt, ein römisches Militärlager.
Ortsbasierte, ständig erweiterbare App
Das Team scannt systematisch Objekte ein, die am Antoninuswall und am Obergermanisch-Rätischen Limes gefunden wurden. Mit diesen Fundstücken entsteht eine interaktive, ortsbasierte App für die nördlichen Grenzen des Römischen Reiches.
Für das Projekt wurden außerdem in einem Münchner Museum kürzlich einige faszinierende Mars- und Venus-Statuen eingescannt, die aus Eining stammen.
Durch die Einbindung dieser 3D-Modelle in die App sind die Artefakte wieder an den Ort „heimgekehrt“, an dem sie gefunden wurden. Dank der Gelder von „Creative Europe“ lassen sich innerhalb der nächsten Jahre mehr und mehr Inhalte in die kostenlose App integrieren. Der österreichische Partner Edufilm entwickelt derzeit eine Augmented-Reality-Komponente, mit der die Nutzer beim Besuch der archäologischen Fundstätte in Echtzeit mit den 3D-Modellen interagieren können. Anhand ortsspezifischer AR-Trigger wird es möglich sein, die 3D-Modelle an bestimmten Stätten zu laden, um den Besuchern die Geschichte des Wallabschnitts anschaulicher darzustellen.
Diese Funktion wird 2019 zur Verfügung stehen. Die App kann schon jetzt kostenfrei mit Informationen über die ersten Ausgrabungsorte (bisher nur in Schottland) heruntergeladen werden: Google Play / iTunes. Neben englischsprachigen Texten soll es in Zukunft auch deutsche Beschreibungen in der App geben.
Neu im Gebrauch: Artec Eva
Zur 3D-Erfassung der Fundstücke kombiniert das Dokumentationszentrum Artec-Streifenlichtscanner mit digitaler Fotogrammetrie (Verfahren zum Herstellen von Messbildern sowie Grund- und Aufrissen aus fotografischen Bildern). Sein Equipment hat es mit dem Artec-Scanner Eva aufgerüstet – ein großer Fortschritt in puncto Datenqualität, Portabilität und Nutzerfreundlichkeit. Auch ein Akku steht für den mobilen Scanner zur Verfügung, sodass die Arbeit auch an Standorten ohne Stromversorgung gelingt. „Mit den 3D-Scannern und der Software von Artec erzeugen wir im Handumdrehen präzise 3D-Modelle der Kulturstätten und Artefakte, mit denen wir arbeiten“, sagt Dr. Lyn Wilson, Digital Documentation Manager des Centre for Digital Documentation and Visualisation. „So können wir sie leichter mit anderen teilen und veröffentlichen. Dank der 3D-Daten von Artec 3D lässt sich Geschichte wirklich lebendig vermitteln!“
Das Dokumentationszentrum hofft, auch in nächster Zukunft mit dem Reseller Central Scanning und Artec-3D-Scannern zusammenarbeiten zu können. Es freut sich darauf, Artec Leo, den neuesten 3D-Scanner, auszuprobieren und seine technischen Möglichkeiten zu erweitern.
3D-Modelle aus Schottland bereits im Internet
Wer eine Alternative zur App sucht, wird im Internet fündig: Die Behörde Historic Environment Scotland, die an der Entstehung des Dokumentationszentrums beteiligt war, beginnt aktuell damit, die mit den Artec-Scannern generierten 3D-Modelle auf die Sketchfab-Website hochzuladen.