Detailgenauer 3D-Scan eines kompletten Dinosaurierskeletts
Eine 3D-gedruckte Kopie vom Symbol des Bundesstaats Colorado, dem Kessler-Stegosaurus, wurde im Maßstab 1: 1 für ein lokales Museum mit Hilfe des Artec 3D-Scanners Spider erstellt.
Eine der eindrucksvollsten Szenen, die man in einer Dinosaurierausstellung überhaupt erleben kann, ist das Gegenüber von Stegosaurus und Allosaurus im Denver Museum of Nature & Science. Der knapp achte Meter lange Stegosaurus steht hier repräsentativ als Colorados Staatsdinosaurier – also nicht nur für die Dinosaurierspezies an sich, sondern auch als Verkörperung des Bundesstaats. Der Stegosaurus hatte ein Gewicht von bis zu 10 Tonnen und war ein pflanzenfressender Dinosaurier, der vor 150 Millionen Jahren in Colorado lebte. Was diesen Stegosaurus so besonders macht, ist nicht die Tatsache, dass er in Cañon City, Colorado, gefunden wurde, und ebensowenig, dass er beim Fund fast vollständig erhalten war, was bei Dinosaurierskeletten ziemlich selten ist. Entdeckt wurde der Saurier im Jahre 1936 von einer Klasse von Gymnasiasten während Exkursion zur Fossiliensuche. Der Klassenlehrer Frederick Carl Kessler ließ seine Studenten seinerzeit zusammen mit professionellen Paläontologen arbeiten, um das fossile Skelett auszugraben.
Der Stegosaurus (rechts) und der Allosaurus sind im Denver Museum of Nature & Science ausgestellt
Mike Triebold von Triebold Paleontology, Inc. (TPI) in Woodland Park, Colorado, restauriert fossile Skelette, montiert sie und erstellt Skelettmodelle, die an Museen auf der ganzen Welt geliefert werden. Zu den Kunden des Unternehmens zählen das American Museum of Natural History in New York, das Carnegie Museum in Pittsburgh und das Smithsonian Museum für Naturgeschichte in Washington, DC. Die Hauptniederlassung von TPI-Hauptquartier beherbergt eine Sammlung von Abdrücken und Originalfossilien, die im hauseigenen Naturkundemuseum des Unternehmens, dem Rocky Mountain Dinosaur Resource Center, besichtigt werden können.
Mike Triebold wollte einen Stegosaurus in seinen Katalog aufnehmen – jedoch nicht irgendeinen Stegosaurus. Es ging darum, für das Projekt, wenn möglich, den berühmten Kessler Stegosaurus im Denver Museum zu bekommen, da das neue Royal Gorge Dinosaur Experience in Canon City gebaut wurde und man eine Kopie des in der Nähe von Canon City gefundenen Kessler-Stegosaurus anfertigen wollte. Der Großvater des Besitzers von RGDE, Zach Reynolds, hatte von den Vierziger- bis Sechzigerjahren selbst Kessler regelmäßig bei Dinosaurierausgrabungen begleitet, so dass sowohl die Gemeinde als auch die Familie einen Bezug zum Stegosaurus hatten.
Es folgten Gespräche, und mit dem Segen des Denver Museum begann schließlich die Arbeit.
Die Reproduktion dieses Stücks wurde durch einige Faktoren erschwert. Einer dieser Faktoren ist die Größe des Exemplars. Zum einen ist dieser Dinosaurier knapp acht Meter lang, zum anderen ist er mit den hohen Platten, die seinen Hals, Rücken und Schwanz säumen, fast drei Meter hoch. Normalerweise wäre die Größe keine unüberwindbare Herausforderung, da jeder einzelne Knochen einfach aus Silikon geformt und aus flüssigen Kunststoffen gegossen werden könnte. Dieses Exemplar allerdings ist nicht einfach in Form von einzelnen Knochen in Regalen gelagert: Es wurde montiert und in den 1990er-Jahren ausgestellt, wobei nicht geplant war, dass es jemals wieder auseinandergenommen werden sollte. Um das Skelett wurde Stahl eingearbeitet, an Ort und Stelle festgeschweißt und dauerhaft an den Knochen fixiert, was das Formen der einzelnen Knochen aus Silikon unmöglich machte.
Um dieses Skelett nachzubilden, musste Matt Christopher von TPI es mittels 3D-Scanning nachbauen. „Wir mussten das Skelett, das nicht zerlegt werden konnte, dreidimensional digitalisieren, damit eine 3D-Replik-gedruckt werden konnte.“, erzählt Matt. „Die Dimensionen und Oberflächendetails mussten ähnlich genau wie bei einem Silikonabdruck sein, damit wir die 3D-Drucke in Handarbeit so vollenden konnten, dass sie exakt dem Original entsprachen.“
TPI verwendete den Strukturlicht-3D-Scanner Artec Spider zusammen mit der Scan- und Nachbearbeitungssoftware Artec Studio 3D. Der Scanner wurde von Artecs lokalem Partner 3D Printing Colorado geliefert. "Unser Artec Spider nahm genau das auf, was wir brauchten.", sagt Matt.
Das endgültige Modell des Kessler-Stegosaurus in Artec Studio, Seitenansicht
Spider wurde verwendet, um einzelne Knochen und Bereiche des Skeletts als individuelle Projekte in Artec Studio zu scannen. „Dies beinhaltete das Kriechen in den Brustkorb (ja, eine ausgewachsene Person passt in den Brustkorb des Stegosaurus), um die Rückenwirbel zu erfassen, die den Rücken des Dinosauriers bilden, sowie die Oberflächen von Brustkorb, Schulterblättern und Hüften“, sagt Matt. „Es gab auch einige interessante Posen, die wir auf der Spitze einer Stufenleiter einnahmen, um die großen fächerförmigen Platten auf dem Rücken des Dinosauriers einzufangen. Es gelange uns, alle benötigten Elemente zu erfassen, von der Nasenspitze bis zu den riesigen Stacheln am Ende des Schwanzes.“
Das Team machte am Ende 629 Einzelscans in 71 einzelnen Scan-Projekten in Artec Studio. Es hätten sogar noch mehr sein können, aber um Zeit zu sparen, wurde entschieden, sämtliche Elemente zu überspringen, für welche die gegenüberliegende Seite einfach durch gespiegelte Bilder dargestellt werden konnte, wie etwa die Arme, Beine und Rippen.
Jeder Scan musste in Artec Studio ausgerichtet, zugeschnitten und in 3D-Polygonetz-Dateien konvertiert werden. „Die Ausrichtungsfunktionen in Artec Studio waren absolut entscheidend für den Erfolg dieses Projekts.“, sagt Matt. „Die Ausrichtung jedes Scans war so einfach, als ob man sich manuell der korrekten Position annähert und anschließend ein Ausrichtungswerkzeug die exakte Anpassung durchführen lässt. Durch Verwendung von Artec Studio zum Erstellen und Steuern des aus den ausgerichteten Scans generierten Polygonnetzes konnten wir die genaue Menge an Details extrahieren, die wir für die Nachbearbeitung und den 3D-Druck benötigen.“
Die exportierten Polygonnetze waren frei von überflüssigen Elementen – dank eines Filters in Artec Studio, welcher alle Elemente entfernt, die kleiner als der Master-Scan sind. Kleine Löcher wurden automatisch mit Hilfe des entsprechenden Algorithmus in Artec Studio gefüllt. „Hätten wir einzelne, unverbundene Knochen gescannt, wäre es einfach gewesen, komplette, einwandfreie Netze direkt aus Artec Studio zu erzeugen, ohne dass eine zusätzliche Nachbearbeitung erforderlich gewesen wäre.“, sagt Matt. „Da die Stahlarmatur entfernt werden musste und die verdeckten Flächen noch zu rekonstruieren waren, waren einwandfreie Polygonnetze für die Nachbildung des Stegosaurus aber nicht möglich, und sie waren auch nicht notwendig.“
Die resultierenden Polygonnetze wurden später in ZBrush importiert – zur Trennung von Gelenkelementen, der Rekonstruktion von Oberflächen, welche mit dem 3D-Scanner nicht zu erreichen waren, wie die Zwischenräume zwischen Gelenkknochen, sowie zur Entfernung der Stahlarmatur, die einige Knochenoberflächen verdeckte.
Das endgültige Modell des Kessler Stegosaurus in Artec Studio, Vorderansicht
TPI verfügt über eine Vielzahl von 3D-Druckern, von einem kleinen Formlabs Form2 SLA bis hin zu einem großformatigen Atlas von Titan Robotics. Mit den zahlreichen Druckern, die für das Projekt eingesetzt wurden, dauerte das Drucken des Skeletts sechs Monate. Als die Drucke fertig waren, wurden sie in Handarbeit Hand leicht ausgebessert und für den Abdruck vorbereitet, indem man Modelle für die innere Stahlarmatur hinzufügte und einige Elemente formte, die in Abschnitten und nicht als einzelne Knochen nachgebildet werden sollten. Jeder fertige Knochen oder jede Baugruppe wird als Master bezeichnet. Diese Vorlagen wurden dann unter Verwendung von hochwertigem flüssigen Silikongummi in zweiteiligen bis mehrteiligen Abrucken geformt – die TPI-Mitarbeiter machen das seit fast 30 Jahren.
Die fertigen Abdrucke wurden dann im Inneren mit Stahl versehen, um anschließend im Gießverfahren mit Kunststoffharzen umgeben zu werden. „Der Kunststoff wird um den Stahl herum gegossen, so dass keine externe Armatur benötigt wird, die die Knochenoberflächen verdeckt“, sagt Mike. „Wenn die Gussstücke um die Armatur gegossen werden, können wir das Skelett in jeder beliebigen Pose zusammenbauen und den Stahl, der aus jedem Kunststoffguss herausragt, zusammenschweißen. Das montierte Skelett ist dann bereit für die Handbemalung und die Lieferung.“
Nachdem das Projekt nun abgeschlossen ist, wird es am 19. Mai auf der Royal Gorge Dinosaur Experience (www.dinoxp.com) in Canon City, Colorado, zu sehen sein. Zach Reynolds, seine Familie und sein Vater Dave werden nun in der Lage sein, diesen wahr gewordenen Herzenswunsch in den kommenden Jahren mit der Öffentlichkeit zu teilen.
Laut Mike wäre dieses Projekt vor ein paar Jahrzehnten noch nicht zu realisieren gewesen. „Mit unserem Artec Spider konnten wir die besten Technologien von heute mit den fortschrittlichsten traditionellen Methoden für Form und Guss kombinieren, um eine exakte Kopie dieses großen Dinosauriers zu erstellen, ohne ihn dabei überhaupt zu berühren.“, sagt er. „So, uns jetzt schauen wir uns mal diesen Allosaurus näher an...“