Artec Spider erweckt italienisches Bronzemeisterwerk aus dem 14. Jahrhundert zu neuem Leben
Zusammenfassung: Im Rahmen eines viel beachteten Denkmalpflegeprojekts entsteht mithilfe von 3D-Scans ein exakter Nachbau eines 680 Jahre alten Bronzeportals des Baptisteriums in Florenz.
Ziel: Mit einem professionellen 3D-Handscanner die insgesamt 28 Relieftafeln der beiden massiven Bronzetüren detailliert erfassen. Aus den Scans hochauflösende 3D-Modelle der Tafeln generieren und 3D-drucken. Schließlich per Wachsausschmelzverfahren eine exakte Kopie des Portals erstellen.
Technische Hilfsmittel: Artec Spider, Artec Studio, ZBrush, Meshmixer
Als der italienische Goldschmied, Bildhauer und Architekt Andrea Pisano 1336 letzte Hand an die üppig verzierten Bronzetüren anlegte, die er für das Florentiner Baptisterium entworfen hatte, sollte es nur noch zwölf Jahre dauern, bis der Schwarze Tod übers Meer nach Italien kam und seinen verheerenden Marsch durch Europa antrat. Florenz brauchte 500 Jahre, um sich von der Pest und ihren Folgen zu erholen, doch in den Jahrzehnten davor herrschten für die Bürger, Künstler und Händler der Stadt goldene Zeiten.
Andrea Pisanos Bronzeportal, stehend und beim Scannen mit Artec Spider. Quelle: Prototek
Dante und andere berühmte Figuren der Renaissance waren im Baptisterium getauft worden, das vermutlich aus dem späten vierten oder frühen fünften Jahrhundert stammt. Doch erst im Jahr 1329 beschloss die mächtige und einflussreiche Gilde der florentinischen Tuchhändler, die sich um die Verwaltung der Taufkirche kümmerte, die Holztüren durch massive Bronzeflügel zu ersetzen.
Andrea Pisano wurde die Ehre zuteil, das erste Portal des Baptisteriums zu entwerfen. Ursprünglich stand es im Ostteil der Kirche, wurde später jedoch auf die Südseite verlegt.
Das Baptisterium von Florenz, Innen- und Außenansicht. Quelle: Prototek
Dante und andere berühmte Figuren der Renaissance waren im Baptisterium getauft worden, das vermutlich aus dem späten vierten oder frühen fünften Jahrhundert stammt. Doch erst im Jahr 1329 beschloss die mächtige und einflussreiche Gilde der florentinischen Tuchhändler, die sich um die Verwaltung der Taufkirche kümmerte, die Holztüren durch massive Bronzeflügel zu ersetzen.
Andrea Pisano wurde die Ehre zuteil, das erste Portal des Baptisteriums zu entwerfen. Ursprünglich stand es im Ostteil der Kirche, wurde später jedoch auf die Südseite verlegt.
Nachdem Pisano die hohen Flügel aus Gussbronze der Öffentlichkeit vorgestellt hatte, entwickelten sie sich rasch zum Stolz von Florenz. Ihre 28 kunstvoll gearbeiteten, mit unterschiedlichen Mustern umrahmten Relieftafeln, von denen 20 Szenen aus dem Leben von Johannes dem Täufer darstellten, regten die Fantasie zahlloser Bürger und Pilger an.
Doch in den 680 Jahren seit ihrer Errichtung haben die massiven, acht Tonnen schweren Türflügel durch Witterung und Umweltverschmutzung stark gelitten. Auch durch die Bildung instabiler Salze wurden die bronzenen Reliefs im Laufe der Jahrhunderte stark angegriffen.
Im Rahmen eines von der Florentinischen Oper – der Opera di Santa Maria del Fiore – geförderten Denkmalschutzprojektes sollten Pisanos Türen durch originalgetreue Kopien ersetzt werden. Die beiden anderen Portale im Ost- und Nordteil des Gebäudes waren bereits vor einigen Jahren ausgetauscht worden. Nun war das von Pisano entworfene Südportal an der Reihe.
Um dieses umfangreiche Projekt zu stemmen, holte die Oper von Florenz die Galerie Frilli, ein führendes Florentiner Kunstatelier, ins Boot. Ihr Renommee reicht über Italiens Grenzen hinaus und wachte vom ersten bis zum letzten Schritt penibel über die Arbeit Dutzender kompetenter Spezialisten.
Die 2016 begonnenen Restaurierungsarbeiten dauerten insgesamt drei Jahre. Von den anderen Portalen des Baptisteriums existieren Gipsmodelle, die einen Nachbau erleichterten, doch bei den Bronzeflügeln von Pisano war das nicht der Fall. Angesichts der komplexen Beschaffenheit der Türen und der einzelnen Reliefs sowie der Anforderung, sie so perfekt wie möglich nachzubauen, beschloss das Restaurierungsteam, 3D-Scanner einzusetzen.
Nach sorgfältiger Prüfung, wem die Durchführung eines Projekts mit solch hoher kultureller Bedeutung anvertraut werden könnte, fiel die Wahl auf die Spezialisten von Prototek, einem Anbieter von 3D-Scanning und -Druck im italienischen Valenza. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung im Bereich digitale Erfassung, 3D-Design und 3D-Produktion war das Unternehmen gerne bereit, das renommierte Denkmalschutzprojekt zu unterstützen.
Um den Chief Operating Officer (COO) von Prototek, Andrea Barchi, zu zitieren: „Wir fühlten uns geehrt, unseren Beitrag zum Erfolg dieses umfangreichen Projekts mit einem so hohen Renommee für die Bürger von Florenz und ganz Italien zu leisten. Das Ergebnis, von dem sich nun jeder selbst ein Bild machen kann, zeugt von der hohen Qualität unserer Arbeit. Gerne beweisen wir auch anderen Kunden unser Können, unabhängig von Größe oder Komplexität des Auftrags.“
Nachdem die beiden massiven Flügeltüren – knapp fünf Meter hoch und drei Meter breit, sowie etwa acht Tonnen schwer – ausgebaut waren, wurden sie von den Restauratoren gewissenhaft und umsichtig repariert. Schadhafte Stellen wurden ausgebessert und im Laufe der Jahrhunderte gebildete Oxidationsrückstände entfernt. Tag für Tag legten die erfahrenen Kunsthandwerker mehr von der Originalvergoldung und den künstlerischen Details von Pisanos Meisterwerk frei.
Kurze Pause beim 3D-Scannen mit Artec Spider. Quelle: Prototek
Nun begann die Arbeit für die 3D-Scan-Experten. Prototek wählte Artec Spider, um wirklich jedes Detail der meisterhaft gearbeiteten Reliefs von Pisanos Bronzetüren digital zu erfassen. „Der Artec Spider ist ein erstklassiger 3D-Scanner, den wir schon oft für Scanaufträge eingesetzt haben, die ein hohes Maß an Präzision und originalgetreuer digitaler Erfassung erfordern. Die Arbeit mit ihm ist extrem komfortabel, da die Ergebnisse in Echtzeit auf dem Laptopbildschirm angezeigt werden. Der Artec Spider ist technisch so hoch entwickelt, dass wir praktisch jedes noch so fein gearbeitete Objekt damit nachbauen könnten – von einer wertvollen Cloisonné-Vase aus der frühen Qing-Dynastie bis zu den kleinsten Bauteilen des Triebwerks einer Rolls Royce Trent 500 – um nur einige Beispiele zu nennen.“, so Andrea Barchi.
3D-Aufnahmen des Originalreliefs mit Artec Spider und Artec Studio (im Hintergrund). Quelle: Prototek
Alles in allem nahm das 3D-Scannen nur zehn Tage in Anspruch. In dieser Zeit wurden alle 28 Relieftafeln in hochauflösender Farbe digital erfasst und in beeindruckende 3D-Modelle umgewandelt.
„Anfangs haben wir 3D-Scanner getestet, die ein Stativ benötigen. Doch der leichte, tragbare Spider erlaubte es unserem Techniker, sich bequem zu bewegen und jede einzelne Relieftafel umgehend und problemlos zu erfassen. Dank der sauberen Scans und der raschen Scangeschwindigkeit waren sowohl die Dateigröße als auch die Nachbearbeitungszeit angenehm gering.“, meint Barchi.
Vor dem Scannen einer Tafel mit Artec Spider. Quelle: Prototek
Nach dem Scannen wurden die Aufnahmen aus Artec Spider in Artec Studio bearbeitet. „Für die Nachbearbeitung nutzte unser Scan-Experte die 3D-Software Artec Studio, um überflüssige Daten zu löschen, die Scans zusammenzufügen und sie zu registrieren. Danach exportierte er sie als 3D-Modelle in ZBrush und Meshmixer, wo wir die filigranen Details und komplexen Muster der Tafeln genauer herausarbeiten konnten“, sagt Barchi. „ZBrush benutzten wir um die fehlenden Details in ein paar Tafeln nachzubilden.“
Dann wurden die 3D-Modelle für den 3D-Druck mit dem Druckmaterial PA12 an einen 3D Systems sPro 230 SLS (Selective Laser Sintering) Drucker geleitet. Die positiven Modelle der 500 Millimeter auf 500 Millimeter großen Relieftafeln wurden zur Kunstgießerei Ciglia & Carrai gesandt, die negative Silikonformen von ihnen erzeugte. Diese Negativmodelle waren es schließlich, mit denen die eigentlichen Kopien aus Bronze per Wachsausschmelzverfahren hergestellt wurden.
Andrea Barchi von Prototek mit einer positiven Relieftafel aus PA12, von der die negative Silikonform abgenommen wurde. Quelle: Prototek
Sobald die Formen gegossen und vollständig abgekühlt waren, machten sich die Kunsthandwerker von Ciglia & Carrai ans Werk: Behutsam modellierten und vervollständigen sie anatomische Details, wie Hände, Füße, Kleidung und sonstige Einzelheiten und erweckten all die künstlerischen Linien, Formen und Kurven von Pisanos Originalwerk zu neuem Leben.
Ein Kunsthandwerker von Ciglia & Carrai legt letzte Hand an eine Bronzetafel an. Quelle: Prototek
Nachdem die Bronzetafeln den letzten Schliff erhalten hatten, wurde ihre Oberfläche behutsam mit Säure behandelt, um das Metall künstlich zu oxidieren und dem Portal die Anmutung eines natürlich gealterten und authentischen Meisterwerks zu verleihen.
Einen Monat später waren alle Elemente der Türen zusammengefügt und die Bronzeflügel erstrahlten in ihrem neuen Glanz.
Bei der Enthüllungszeremonie staunten Einwohner und Besucher von Florenz gleichermaßen über die gelungene und detailgetreue Wiederauferstehung von Pisanos Kunstwerk aus dem 14. Jahrhundert – ermöglicht durch die Technik des 21. Jahrhunderts und die brillante Arbeit der Experten von Prototek sowie Ciglia & Carrai.
Spannender Moment: Die Öffentlichkeit bekommt die neuen Türen das erste Mal zu Gesicht. Quelle: Prototek
Heute stehen die Türen an ihrem ursprünglichen Ort: Am Südportal des Baptisteriums von Florenz, wo sie zweifellos von kommenden Generationen bewundert und bestaunt werden.
Andrea Barchi misst 3D-Scannern beim Erhalt von Kulturgütern große Bedeutung zu: „Nie zuvor konnte die moderne Technik den Wunsch von Museen und historischen Vereinen, wertvolle Artefakte und Denkmäler zu retten, besser erfüllen als heute. Hier in Italien und in ganz Europa werden viele dieser wertvollen Werke unserer Vorfahren vernachlässigt oder sogar dem Verfall preisgegeben. Doch dank neuester 3D-Scanner wie dem Artec Spider kann dieses bemerkenswerte Erbe heute digital erfasst und wieder zum Leben erweckt werden.“
Er fügt an: „Sobald diese Objekte gescannt und in 3D-Modelle verwandelt wurden, stehen den Museen unendlich viele kreative Einsatzmöglichkeiten zur Verfügung. So ließe sich Pisanos Portal heute in einem kleineren Maßstab 3D-drucken, sodass Museumsbesucher sie in den Händen halten könnten. Eine andere Idee wäre, die 3D-Modelle als Teil einer Virtual- oder Augmented-Reality-Ausstellung zu zeigen, damit auch Besucher auf der anderen Seite der Welt dieses unglaubliche Meisterwerk aus nächster Nähe „live“ erleben.“
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